Der "Stern von Bethlehem"

In Mt 2 berichtet uns die Bibel über den Besuch der Weisen aus dem Morgenlande, die nach Judäa kamen, um dort dem neugeborenen König der Juden zu huldigen. Anlass für ihre lange Reise war die Erscheinung eines besonderen Sterns gewesen, den sie in ihrer Heimat gesehen hatten. Nachdem die Weisen dann in Jerusalem angekommen waren und dort erfahren hatten, dass Bethlehem der Geburtsort des Messias Königs sei, machten sie sich von Jerusalem aus auf den Weg dorthin.

Mt 2,9
Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war.

Aufgrund dieses Verses spricht alle Welt vom "Stern von Bethlehem", wenn von der Geburt Jesu die Rede ist, und man sieht die verschiedensten Krippenszenen und -gemälde, wo dann der Stall mit einem geschweiften Stern "verziert" ist, der irgendwie über der Szene stehen soll. Solche Bilder und damit verbundene Geschichten sind fest verankert in den Vorstellungen der Leute, allerdings haben sie uns auch ein völlig falsches Bild dessen vermittelt, was sich tatsächlich abgespielt hat. Mehrere Punkte bzgl. der traditionellen Vorstellungen von diesem Stern sind gänzlich das Produkt menschlicher Einbildung und nicht das, was uns in der Bibel berichtet wird. Z.B. wird nirgends in der Bibel gesagt, dass es sich hierbei um einen geschweiften Stern (einen Kometen) handelte; und selbst wenn das der Fall gewesen wäre, so sieht ein Komet wirklich nicht so aus, wie es uns die Weihnachtsbilder zeigen. Außerdem "schwebt" ein Stern nicht in der Luft über einem bestimmten Ort, vielmehr scheinen die Sterne auf ihren Bahnen jeweils im Osten auf- und dann im Westen unterzugehen.

Neben solchen Darstellungen zum Stern von Bethlehem gibt es eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen und Abhandlungen über dieses Thema, wobei die jeweiligen Autoren zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen. In meiner Studie erwähne ich einige aus solchen Studien bekannten Informationen, die man im Internet und Büchern leicht nachschlagen kann. Allgemein geht man davon aus, dass das erwähnte astronomische Ereignis sich nicht vor dem Jahr 7 v.Chr. und nicht nach dem Jahr 1 v.Chr. ereignet haben kann, da sonst andere erwähnte historische Daten nicht stimmen könnten. Die Untersuchungen konzentrieren sich auch meist nur auf Sterne und Ereignisse mit Sternen vor dem Jahr 4 v.Chr., weil 4 v.Chr. noch häufig als das Todesjahr des Herodes angenommen wird.

Favorisiert als "Stern von Bethlehem" wird meist eine Dreifachkonjunktion von Jupiter und Saturn im Jahre 7 v.Chr. im Sternbild Fische, während einige Studien eher eine Nova als wahrscheinlicher ansehen. Wir sollten beachten, dass das Wort "Stern" im Altertum nicht unbedingt einen "Fixstern" in unserem heutigen Sinne bezeichnete, sondern sehr wohl für andere Himmelskörper wie Planeten ("Wandelsterne") und auch für bestimmte astronomische Ereignisse mit Sternen (wie etwa "Konjunktionen", "Annäherungen", usw) benutzt wurde. ("Konjunktion" bezeichnet astronomisch die Stellung zweier Planeten oder Sterne zueinander, wenn sie für den Beobachter von der Erde auf einer Achse zum Himmelsnordpol stehen, was dann der Fall ist, wenn sie sich aus Sicht eines Beobachters auf Erden am nähesten sind.) Die erwähnte Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische im Jahre 7 v.Chr. ist eigentlich zu früh, wie man feststellen kann, wenn man weitere in der Bibel erwähnte Daten bzgl. des Beginns von Jesu öffentlichem Auftreten mit in Erwägung zieht (vgl. Studie vom 7. Dezember). Eine Nova oder ein Komet scheiden eigentlich ebenfalls als eher unwahrscheinlich aus, weil sie nicht mehrfach "erscheinen" würden, was aber bei "seinem Stern" im Bericht über die Magi in Mt 2 der Fall war. Eine Sonnen- oder Mondfinsternis, wie manchmal in Erwägung gezogen, scheidet ebenfalls aus. Was kommt also als möglicher "Stern von Bethlehem" in Frage?

Wie wir aus den bisherigen Studien über die Weisen und aus der oben erwähnten Stelle in Mt 2,9 ersehen können, ging es um ein astronomisches Ereignis, in dem ein bestimmter Stern mehrfach in besonderer Weise zu sehen war. Astronomische Kalkulationen zeigen auf, dass es in den Jahren vor der Geburt Christi mehrere bemerkenswerte Konjunktionen des Planeten Jupiter und anderer Sterne und Planeten gab, so etwa im Mai, Oktober und Dezember im Jahre 7 v.Chr. die bereits erwähnte Dreifach Konjunktion; dann im März 6 v.Chr. eine Konjunktion von Jupiter und Mars im Sternbild Fische; danach dann Jupiter mit Venus im Sternbild Löwen im August 3 v.Chr., Jupiter und Regulus im Löwen im September 3 v.Chr., Jupiter und Regulus im Februar 2 v.Chr., und erneut Jupiter und Regulus im Mai 2 v.Chr., danach Jupiter und Venus im Juni 2 v.Chr. und im August 2 v.Chr. dann Jupiter und Mars, wobei diese allesamt im Sternbild des Löwen zu sehen waren. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass die 6 besonderen Ereignisse mit Jupiter im Sternbild Löwen die Aufmerksamkeit der Weisen geweckt haben muss und sie davon überzeugte, dass hier Dinge angezeigt wurden, die mit der Geburt des Königs der Juden in Verbindung standen, so wie es ihre Vorfahren vermutlich seinerzeit von Daniel gelernt hatten (vgl. Studie vom 19. Dezember).

Es ist gut möglich, dass dann die letzte Konjunktion von Jupiter und Mars Ende August 2 v.Chr., bei der auch die Planeten Merkur und Venus in unmittelbarer Nähe im Sternbild Löwen standen, der Auslöser war für die Reise der Weisen aus dem Morgenland nach Judäa. Sie hatten Jupiter im Laufe dieser Ereignisse zunächst eine Weile beobachtet und nach all den erstaunlichen astronomischen Ereignissen, in denen Jupiter mit verschiedenen Planeten, unter anderem dem "Königstern" Regulus im Sternbild Löwen, dem Planeten Venus ("Morgenstern"), dann korrekt gefolgert, dass die Zeit der Geburt des verheißenen Messias, des kommenden Königs der Juden, gekommen war.

Sie machten sich daraufhin auf die lange Reise, um dem neugeborenen König der Juden zu huldigen und ihm Geschenke zu bringen. Als sie dann in Judäa angekommen waren, ergab es sich, dass "sein Stern" nochmals eine grandiose Rolle spielte, als sie sich von Jerusalem nach Bethlehem auf den Weg machten, denn gerade zu der Zeit war Jupiter auf seinem nächtlichen Kurs in genau südlicher Richtung hoch am Himmel am Meridian zu sehen. Dies war Anfang Dezember 2 v.Chr. der Fall, und als die Weisen sich Bethlehem näherten, "stand" der Stern genau über Bethlehem im Sternbild Virgo (Jungfrau), d.h. Jupiter erreichte auf seinem nächtlichen Kurs den Meridian, den Höhepunkt seiner Bahn. Sterne "gehen auf", d.h. sie scheinen am nächtlichen Himmel auf ihrer Bahn von Osten her am Himmel hochzusteigen, und "stehen" dann genau auf dem Höhepunkt, im Meridian, um anschließend nach Westen hin auf ihrer Bahn herabzusteigen und schließlich im Westen "unterzugehen".

Jupiter erreichte genau über Bethlehem den Meridian, und stand über dem Ort, wo Jesus bereits einige Zeit zuvor geboren worden war. Und die Weisen waren hoch erfreut, als sie auf dem Wege von Jerusalem nach Bethlehem erneut den gleichen Stern sahen, den sie zuvor bereits in ihrer Heimat beobachtet hatten und der ihnen das Zeichen gewesen war, dass der König der Juden wie verheißen in Judäa zur Welt gekommen war.

 

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