Einleitung

Immer wieder höre ich, wie Trinitarier ihre Behauptung "Jesus ist Gott!" auch damit belegen wollen, dass er im Matthäusevangelium den Namen "Immanuel" (= Gott mit uns) hat. Ist das aber überhaupt wirklich der Fall? Oder liegt hier ein Mißverständnis vor?

Sie berufen sich dabei auf die Aussage in Matthäus 1,23, wo eine Stelle aus dem Buch des Propheten Jesaja zitiert wird.

Matthäus 1,23
»Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: Gott mit uns.

Die Vertreter der trinitarischen Lehre lesen nun Matthäus 1,23 und sagen dann, die Aussage handele von Jesus und hier würde gelehrt, dass Jesus eben dieser in Jesaja erwähnte "Immanuel" ("Gott mit uns") war. Das ist aber, wie man unschwer erkennen kann, gar nicht, was hier in dem Vers steht.

Der Name "Immanuel" und Jesus

Wenn wir diesen Vers genau betrachten, erkennen wir, dass es sich hier um das Zitat einer Stelle im Buch des Propheten Jesaja handelt, und dass dann der Evangelist Matthäus - quasi aus seiner Sicht - ergänzt, dass das hebräische Wort "Immanuel" übersetzt wird mit "Gott mit uns". "Gott mit uns" bzw. eigentlich etwas genauer "El mit uns" ist also die Bedeutung des Namenswortes "Immanuel". Der Wortteil "el" ist das Wort für Gott, für den in der Bibel diese Bezeichnung "El" benutzt wird, "immanu" ist der Wortteil, der "mit uns" bedeutet.

Weiterhin sollten wir beachten, dass dieser Name "Immanuel" (manchmal auch als "Emmanuel" ins Deutsche übertragen), nicht erst hier in Mt 1,23 im Zusammenhang mit der Geburt Jesu erwähnt wird, sondern bereits in Jesaja im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes erwähnt wurde, welche als Zeichen für den damaligen König dienen sollte, um die Befreiung durch Gott von der Bedrohung durch die feindlichen Heerscharen anzuzeigen. Dieses Kind damals zu Zeiten des Propheten Jesaja, erhielt diesen Namen "Immanuel" und trug diesen Namen dann auch. Allerdings wird wohl kaum ein Trinitarier behaupten wollen, dieses Kind sei "Gott" gewesen, obwohl es genau diesen Namen hatte!

Weiterhin können wir bei genauem Lesen des unmittelbaren Zusammenhangs in Matthäus 1 und einer Beachtung der NT Schriften insgesamt feststellen, dass Jesus diesen Namen "Immanuel" gar nicht trug! Nun, das mag für viele Christen ein ordentlicher Schock sein, weil sie durch vielerlei Reden und Lieder so gewohnt sind, von Jesus als dem Immanuel zu sprechen, dass ihnen nicht auffällt, dass das Matthäusevangelium dies eigentlich gar nicht so sagt. Es wird ausdrücklich in den Berichten über die Geburt Jesu erwähnt, dass der Name des Sohnes der Maria nicht "Immanuel" sein sollte, sondern "Jesus".

Matthäus 1,21.25
Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.
...
Und er berührte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.

Hier in Matthäus lesen wir, was der Engel dem Josef auftrug bzgl. des Namens des von Maria erwarteten Kindes. Dem von Maria geborenen Sohn sollte Josef den Namen "Jesus" geben. Gleiches hatte der Engel auch zuvor bereits der Maria selbst aufgetragen

.

Lukas 1,31
Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben.

An keiner einzigen Stelle in der Bibel wird erwähnt, dass Jesus zusätzlich zu dem Namen "Jesus" auch noch andere Namen erhalten hätte, somit lesen wir auch nirgendwo, dass Jesus "Immanuel" erhalten und etwa mit diesem Namen gerufen oder unter diesem Namen bekannt gewesen wäre.

"Aber Matthäus 1,23 sagt doch, dass Jesus "Immanuel" war," werden einige weiter als Einwand vorbringen. "Mit der Geburt Jesu erfüllte sich doch das, was in Jesaja 7,14 vorausgesagt worden war, und somit hieß Jesus auch Immanuel." Das Problem ist, dass bei solcher Argumentation einfach ein Zitat allgemein und mit allen Einzelheiten als eine direkte Erfüllung einer prophetischen Voraussage angenommen wird. Dies muss aber nicht immer und unbedingt der Fall sein.

Wenn wir den Bericht in Jesaja lesen, erkennen wir, dass sich die Voraussage des Propheten Jesaja gar nicht auf die Geburt Jesu (des verheissenen Messias) bezog, sondern dass es vielmehr konkret um eine Situation zu Zeiten Jesajas ging und um ein Kind, welches in jener Zeit geboren werden sollte. Das ist schlicht und einfach, was uns die Schrift sagt, und dabei sollten wir bleiben. Nun haben wir Jahrhunderte später eine Aussage in dem inspirierten Bericht des Matthäus, in welche er auf die Stelle in Jesaja Bezug nimmt und die gesamte Aussage von dort zitiert und sagt, was in seiner Zeit bzgl. der Personen Maria und Jesus geschah, sei eine Erfüllung dessen, was bereits der Prophet Jesaja Jahrhunderte zuvor gesagt hatte. Wie kann das sein, wo sich diese Sache doch bereits damals konkret erfüllt hatte?

Ganz offensichtlich weist Matthäus darauf hin, dass ein bestimmter Aspekt in der jetzigen Situation dem entsprach, was bereits damals zur Zeit des Propheten Jesaja auch in der damaligen Situation geschehen war, und es erscheint nun unter Einbeziehung des Kontexts und anderer Schriftstellen zu dieser Sache klar, was Matthäus mitteilen will: So wie damals ein Sohn von einer jungen Frau geboren wurde und konkret den Namen "Immanuel" hatte um anzuzeigen, dass "Gott mit uns (d.h. "mit" bzw. "auf der Seite" Seines Volkes Israel war), so war es auch in diesem Falle mit diesem Kind, welches von Maria geboren werden sollte.

Der Name "Immanuel" bedeutet "El mit uns" ("Gott mit uns") ... das ist die Bedeutung dieses Namens. Aber der Sohn der jungen Frau zu Jesajas Zeit, der tatsächlich diesen Namen hatte, war deswegen nicht "Gott", welcher in Gestalt dieses Jungen, unter den Israeliten wohnte! Und auch Jesus, der diesen Namen "Immanuel" selbst gar nicht hatte, ist genausowenig im buchstäblichen Sinne "Gott", der "mit uns", d.h. unter den Israeliten, weilte.

Die Bedeutung eines Namens mag, wenn dies bei der Namengebung von Bedeutung war, in einer gewissen Beziehung zu dem stehen, was von der Person, welche den Namen erhielt, erwartet wird oder was diese Person repräsentiert, aber die Bedeutung eines Namens ist nicht im buchstäblichen Sinne, was bzw. wer die Person ist.

Der Name "Jesus"

Der von Maria geborene Sohn erhielt den Namen "Jesus" .... im aramäischen bzw. hebräischen ist das der gleiche Name, den wir bereits im Alten Testament als den Namen des Sohnes Nuns finden und der ins Deutsche mit "Josua" übertragen wurde. Das hebräische "Joshua" (oder "Yeshua, Yeshuah") wurde ins Griechische übernommen als "Iesous" und dann ins Deutsche als "Jesus". Der Name "Yeshuah" ist ebenfalls ein Name, der aus zwei Begriffen zusammengesetzt ist und er bedeutet soviel wie "YHWH rettet".

Wir haben in Matthäus 1,21 gelesen, dass es einen ganz bestimmten Grund gab, dass Jesus diesen Namen erhielt.

Matthäus 1,21
Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.

Hier erkennen wir, wie dem eingeborenen Sohn Gottes ein Name mit einer ganz bestimmten Bedeutung gegeben wird, welche seine Lebensaufgabe ausdrückte. Die Bedeutung des Namens drückte das aus, was der Junge erreichen und vollbringen sollte. Der Name drückte nicht aus, dass dieser Junge YHWH in menschlicher Gestalt war, der sein Volk retten würde. Die Bedeutung des Namens stimmte in diesem Falle ganz konkret mit dem von Gott vorhergesehenen Vorhaben und Plan für Seinen Sohn Jesus überein.

Josua, der Sohn Nuns, hieß auch "YHWH rettet", das war die Bedeutung seines Namens. War Josua deshalb YHWH, weil der Begriff "YHWH" Bestandteil seines Namens war? Nein! War Jesus YHWH, weil sein Name soviel wie "YHWH rettet" bedeutet? Nein! Man kann nicht die Bedeutung eines Namens im buchstäblichen Sinne auf die Person des Namensträgers übertragen und behaupten, die Person SEI DAS, was der Name bedeutet.

"Gott mit uns"?

Was hat es nun mit dem "Gott mit uns" auf sich? Wie oben bereits erwähnt, wird der Begriff "Immanuel" und die Stelle aus Jesaja 7,14 nicht nur einfach so in Matthäus zitiert und dann auch noch gesagt, die Ereignisse um Jesu Geburt hätten sich zugetragen, "auf dass erfüllt würde, was der Prophet Jesaja gesagt hat". Wie kann man das nun korrekt verstehen?

Wenn wir die Berichte in den NT Schriften lesen und beachten, was Jesus lehrte und tat, dann wird klar, dass er selbstverständlich in einem übertragenen Sinne "Gott mit uns" war. Jesus war nicht Gott, der sich aus Geist in einen Menschen umgewandelt hatte und nun unter den Israeliten lebte. In dem Menschen Jesus aber war Gott mit Israel, in dem Menschen Jesus hatte Gott Sein Volk heimgesucht, war Er unter ihnen, mit ihnen.

Wie Jesus in einem Gleichnis erwähnt, hatte Gott schon von alten Zeiten her immer wieder den Kontakt zu Seinem Volk Israel gesucht und war er immer wieder auch durch seine Diener, die Propheten, "mit uns" gewesen. Nun war er in der Gestalt des Menschensohnes, in der Gestalt Seines eingeborenen Sohnes, in Jesus "mit uns". Jesus handelte in allen Dingen im Auftrag und Namen seines Vater und vollbrachte das, was Gott, sein Vater, geplant hatte und ausgeführt haben wollte.

Mit "Jesus" war wahrhaftig die Rettung YHWHs eingetroffen und die Vollendung von Gottes Erlöserplan, die Erfüllung von Gottes Rettung mittels des verheissenen Messias, nun Realität geworden. In Jesus war "Gott mit uns" im Hinblick auf die von Ihm (Gott) geplante Rettung und Erlösung.

Schlussfolgerung

Die Idee, aus der Stelle in Matthäus 1,23 und der Erwähnung des Namens "Immanuel" abzuleiten, dass Matthäus damit Jesus zu "Gott" macht und sagt, "Gott" selbst sei in einem buchstäblichen Sinne und in Gestalt Seines eingeborenen Sohnes "mit uns" gewesen, ist schlichtweg absurd. Jesus war nicht "Gott" in menschlicher Gestalt, genausowenig war er ein Mensch in göttlicher Gestalt, der "mit uns" war.

Wir können vielmehr aus den NT Schriften ersehen, dass Gott in einem übertragenen Sinne in Jesus, Seinem Sohn, zunächst mit seinem Volks Israel war, danach dann das Heil durch eben diesen Sohn auch zu den Heiden gelangte. Ja, Jesus ist schon "Immanuel", das heißt "Gott mit uns", aber Jesus hat diesen Namen gar nicht gehabt und war bzw. ist auch nicht "Gott".

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