Diese Studie zum Thema "Die Gotteslästerung Jesu von Nazareth … nach Ansicht des Sanhedrin" wurde angeregt durch die Studie "The Blasphemy of Jesus of Nazareth ... according to the Sanhedrin" von J. Baixeras, und ist Teil einer Serie von Artikeln zu dem größeren Themenkomplex der sogenannten Trinitätslehre, um diese vor dem biblischen Hintergrund auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen.

In dieser Studie will ich die Anschuldigungen untersuchen, die gegen Jesus vorgebracht wurden und schließlich zu seiner Kreuzigung führten. Wurde ihm vorgeworfen, behauptet zu haben, er sei Gott? Oder lautete die Anschuldigung, er habe behauptet, der Sohn Gottes und Gottes gesalbter König Israels zu sein? Daneben werde ich auch darauf eingehen, für wen denn die Leute, das Volk, ihn hielt. Am wichtigsten wird jedoch sein dazulegen, für wen sich Jesus selbst hielt. Hielt er sich und hielten andere Leute ihn für den Gott den Allmächtigen in Menschengestalt, wie die Trinitätslehre behauptet, oder ging es in dem Konflikt zwischen Jesus und den Seinen darum, daß sie ihn nicht als den verheißenen Messias, den mit Gottes Geist gesalbten Menschen aus der Linie Davids, den König Israels, der Israel wieder zu seiner vorherigen Herrlichkeit herstellen wird, akzeptierten?

Die vielleicht wichtigste Aufgabe des Neuen Testaments ist es aufzuzeigen, daß Jesus von Nazareth der verheißene Messias ist, der über Gottes Reich herrschen wird und durch den wir die Vergebung der Sünden haben. An keiner Stelle versucht das Neue Testament dazulegen, daß Jesus der allmächtige Gott ist. Über Jahrhunderte hinweg haben Leute immer wieder versucht, anhand einiger Aussagen im Johannesevangelium diese Ansicht, Jesus sei Gott, zu beweisen. Allerdings sind die Verse, die dazu herangezogen werden, auf eine Art und Weise ausgelegt worden, die u.a. den Kontext nicht recht berücksichtigt und auch ansonsten nicht unbedingt zwingend ist. Oftmals geben diese Auslegungen nicht einmal den Text bzw. Wortlaut der Verse richtig wieder, was sicherlich unverantwortlich ist.

Johannes teilt uns gegen Ende seines Evangeliums in prägnanter Weise mit, weshalb er das Evangelium schrieb.

Johannes 20,31:
Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

Dieser Vers teilt uns mit, zu welchem Zweck Johannes sein Evangelium geschrieben hat. Was er durch Eingebung von Gott niederschrieb von den Taten und Worten Jesu dient einer Sache: Die Leser können nach der Lektüre glauben, daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes. Johannes hatte also keineswegs die Absicht, mit seinem Evangelium Jesus als allmächtigen Gott im Fleisch zu schildern … ihm war ein solcher Gedanke schlicht und einfach völlig fremd! Und nicht nur Johannes war eine solche Idee absolut unbekannt, auch den andern Schreibern des Neuen Testaments und den Gläubigen in der frühen Gemeinde war ein solches Konzept völlig fremd.

Die Gemeinde erlebte und durchlebte eine Reihe von schwierigen und kontroversen Lehrangelegenheiten, die sich durch den Wechsel vom Alten Bund zum Neuen Bund nach Pfingsten ergaben. Allerdings blieb die große Wahrheit aus dem Alten Testament, daß Gott lediglich EINER ist, daß der allmächtige Gott nur "eine Person" ist, unangetastet und wurde in keiner Weise von den Juden noch den Christen in Frage gestellt. Jesus wurde keineswegs als der allmächtige Gott angesehen, es gab keine Vorstellungen einer "Mehrpersonen–Gottheit", die nun an Stelle des einen HERRN, des einen wahren Gottes, getreten wäre. Solche Vorstellungen tauchen erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Gemeinde auf, nachdem die ursprünglichen Apostel schon nicht mehr am Leben waren.

Paulus schrieb sehr viel bzgl. des Wechsels vom Alten Bund zum Neuen Bund und wie der Alte Bund nicht mehr länger gültig war aufgrund des Werkes Jesu Christi. Allerdings findet sich keinerlei Hinweis darauf, daß der eine Gott des Alten Testaments nun im Neuen Testament durch eine Gottheit aus drei Personen ersetzt worden wäre. Solches hätte sicherlich eine gewaltige Kontroverse unter den frühen Christen ausgelöst. Aber eine solche Kontroverse hat es nicht gegeben, weil nämlich in der frühen Gemeinde nach Pfingsten keine solchen Ideen eines dreieinigen oder dreifaltigen Gottes vorkamen. Es gab zwar eine Reihe von Kontroversen bzgl. mehrerer Themen, aber keine bzgl. der Gottheit oder eines Wechsels zu einer Trinität.

Bevor wir uns der Anschuldigung des Sanhedrin gegen Jesus zuwenden, ist es notwendig, einige Begriffe und auch einen jüdischen Brauch genauer zu verstehen. Jesus hatte verschiedene Titel, die von unterschiedlichen Perspektiven her ihn als den Messias Gottes bezeichneten. Diese Titel beziehen sich also alle auf die gleiche Person und nicht auf unterschiedliche Wesen. Gerade der Titel "Gottes Sohn" bzw. "Sohn Gottes" wurde im Zuge der Etablierung der trinitarischen Lehre mit einem anderen Begriff gleichgesetzt, der nicht einmal in der Bibel vorkommt: "Gott, der Sohn".

Nachfolgende Titel oder Bezeichnungen werden für Jesus von Nazareth in der Bibel benutzt und können gewissermaßen gleichgesetzt werden:
Messias = Sohn Gottes = König Israels = Menschensohn = Christus = Sohn Davids

All diese Titel beziehen sich auf die gleiche Person, sie handeln von einer Person, einem Wesen.

Sohn Gottes

Dieser Titel für Jesus wurde umgedeutet und mit Bedeutungen und Attributen versehen, die niemals von Gott vorgesehen waren. Die menschliche Vater-Sohn Beziehung wurde als Modell oder Vorbild genommen, um diesen Titel Jesu näher zu beschreiben. Auf dieser Grundlage wurde dann gefolgert, daß so wie der menschliche Sohn die Natur bzw. das Wesen seines Vaters hat (aus der gleichen Substanz gemacht ist), dann logischerweise "Sohn Gottes" bedeutet, daß Jesus als Sohn Gottes von der gleichen Natur, dem gleichen Wesen (gleicher "Substanz") Gottes sein muß. Solche eigentlich falschen Folgerungen gewannen schließlich entscheidende Bedeutung in der Formulierung der Trinitätslehre vom Konzil von Nicäa im 325 n.Chr. an und in anderen Konzilen danach.

Das Glaubensbekenntnis von Nicäa enthält folgende Aussagen:

" wahrer Gott vom wahren Gott" und "eines Wesens mit dem Vater".

Bei diesem Konzil wurde Jesus eigentlich erstmals zu Gott gemacht. Interessanterweise war der Heilige Geist nicht in diese Formulierung einbezogen. Erst einige Jahrzehnte später, bei einem weiteren Konzil wurde das nachgeholt.

Was bedeutet nun der Titel "Sohn Gottes"? Im Alten Testament wird Israel als Gottes Erstgeborener und als Gottes Sohn (mein erstgeborener Sohn") bezeichnet (vgl. 2. Mose 4,22). Dies ist eine Art Präzedenzfall für die Benennung des Messias als "Sohn Gottes", denn er ist ja Israels größter und wichtigster Repräsentant (vgl. etwa in Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible, Bd. 4 S. 203-204).

"Sohn Gottes" bezeichnet eine innige Beziehung mit dem Vater. "Sohnschaft" bzw. "Kindschaft" kann hier natürlich nicht im Lichte heidnischer Praktiken verstanden werden, sondern sollte im Lichte des biblischen Zeugnisses gesehen werden. Das in der Bibel dargelegte und unter den Hebräern verstandene Konzept von "Sohn" bezeichnet nicht eine Vielfalt von Beziehungen. Adam wurde als "Sohn Gottes" bezeichnet (vgl. Lukas 3,38). Gott redete davon, daß er sich König Salomo als seinen "Sohn" erwählt hatte (vgl. 1. Chronik 28,6).

Bei Paulus ist der Begriff "Sohn Gottes" eigentlich eine christologische Umschreibung für "die Solidarität des Sohnes mit Gott". Die Innigkeit zum Vater ist die wesentliche Bedeutung von "Sohn Gottes". Diese innige Beziehung bestand auch zu den von Gott gesalbten Königen Israels. Da Jesus nun der wahrhaftige und ideale König Israels ist, ist er natürlich auch der ideale Sohn Gottes. Der Begriff "Sohn Gottes" ist auf diese Weise auch synonym für Messias und König Israels. Diese Begriffe handeln alle von der gleichen Person, von einem Menschen.

Die The Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible Bd. 4 S. 204 berichtet:

"Im letzten Kapitel des ersten Johannesbriefs wird jede erdenkliche Betonung auf das Prinzip gelegt, daß Sohnschaft das Zeichen des Messias ist. genauso verhält es sich mit dem vierten Evangelium, wo der Sohn Gottes synonym gebraucht ist für Messias, und häufiger als jeder andere Titel vorkommt. Haenchen besteht darauf, daß die Gleichung:
Messias = Sohn Gottes = Menschensohn auch für das Markusevangelium zutrifft. Das gleiche kann von dem Rest des Neuen Testaments gesagt werden."
[eigene übersetzung]

In Aspects of Monotheism S. 90 heißt es:

"Die Vorstellung, daß der davidische König der Sohn Gottes sei, ist in der hebräischen Bibel etabliert, etwa in 2. Samuel 7,14 und in Psalm 2,7. Es ist nur natürlich, daß dementsprechend der kommende messianische König als der Sohn Gottes angesehen werden sollte. Zu sagen, der König sei der Sohn Gottes, bedeutet jedoch keineswegs eine Vergöttlichung."

Wir sehen also die Bedeutung des Titels "Sohn Gottes" in diesem Vergleich: Messias = Sohn Gottes = König Israels = Menschensohn. Der Messias hat selbstverständlich die engste und intimste Beziehung zu dem Vater. Was diese oben zitierten Quellen anführen wird uns in der Bibel bestätigt.

Johannes 1,41.49
Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte.
...
Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel!

Johannes 11,27
Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, daß du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.

Matthäus 26,63-64
Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.
Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.

Matthäus 16,16
Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!

Markus 14,61-62
Er aber schwieg still und antwortete nichts. Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?
Jesus aber sprach: Ich bin's; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.

Markus 15,32
Ist er der Christus, der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz, damit wir sehen und glauben. Und die mit ihm gekreuzigt waren, schmähten ihn auch.

Lukas 22,67-70
und sprachen: Bist du der Christus, so sage es uns! Er sprach aber zu ihnen: Sage ich's euch, so glaubt ihr's nicht;
frage ich aber, so antwortet ihr nicht.
Aber von nun an wird der Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft Gottes.
Da sprachen sie alle: Bist du denn Gottes Sohn? Er sprach zu ihnen: Ihr sagt es, ich bin es.

Johannes 19,3.7
und traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden! und schlugen ihm ins Gesicht.
Die Juden antworteten ihm: Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetz muß er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht.

Lukas 23,35-37
Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes.
Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig
und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber!

Lukas 23,2
und fingen an, ihn zu verklagen, und sprachen: Wir haben gefunden, daß dieser unser Volk aufhetzt und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben, und spricht, er sei Christus, ein König.

Johannes 19,19-21
Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der König der Juden.
Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache.
Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern, daß er gesagt hat: Ich bin der König der Juden.

Markus 10,47
Und als er hörte, daß es Jesus von Nazareth war, fing er an, zu schreien und zu sagen: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!

Dies sind einige von noch sehr viel mehr Versen, aus denen eine Gleichsetzung von "Sohn Gottes" mit "Christus", mit "Menschensohn", mit "König der Juden", "Sohn Davids" usw. ersichtlich wird. Diese Begriffe werden in der Tat synonym benutzt und bezeichnen jeweils die gleiche eine Person. Auch im Alten Testament kann man solches bereits in Psalm 2 erkennen, wo einige dieser Begriffe ebenfalls für den kommenden Erlöser, den verheißenen Heiland benutzt werden.

Psalm 2,2.6-7
Die Könige der Erde lehnen sich auf, und die Herren halten Rat miteinander wider den HERRN und seinen Gesalbten:

»Ich aber habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berg Zion.«
Kundtun will ich den Ratschluß des HERRN. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.

Die Schreiber des Neuen Testaments haben keine neuen Titel für den Messias erfunden, sondern sie benutzten die Titel, die bereits im Alten Testament existierten. Diese Informationen helfen uns zu verstehen, was die ursprüngliche Bedeutung des Titels "Sohn Gottes" aus der Sicht und dem Verständnis des alttestamentlichen (jüdischen) Schreibers war und auch weiterhin ist.

Wir wollen nun erkunden, warum Jesus zum Tode verurteilt wurde. Der Grund, den uns die Bibel mitteilt, ist der Vorwurf der "Gotteslästerung". "Gotteslästerung" in welcher Hinsicht? Hatte er angeblich Gott gelästert, weil er behauptete Gott zu sein? Oder weil er behauptete, der Messias (Christus) und Sohn Gottes und König Israels zu sein?

Viele Trinitarier versuchen aus Johannes 10,33 herzuleiten, daß Jesus tatsächlich behauptet habe, Gott zu sein. Ein solcher Anspruch aber würde dem widersprechen, was Johannes uns am Ende seines Evangeliums als Grund für die Niederschrift seines Evangeliums angibt; weiterhin wäre es eine ziemliche Fehlinterpretation dieses Verses (vgl. weiter unten, wo ich auf diesen Vers näher eingehe).

Jesus wurde vor den Hohen Rat, den Sanhedrin, gebracht und schließlich von ihm aufgrund des Vorwurfs der Gotteslästerung zum Tode verurteilt. Die Gotteslästerung bestand im Falle Jesu darin, daß er behauptete, der Messias (Christus) zu sein, wie die entsprechenden Stellen uns zeigen. Nirgendwo im Neuen Testament wird je berichtet, die Ankläger hätten erwähnt, daß die Gotteslästerung in Jesu Behauptung bestand, er sei Gott.

Einige Schriftstellen über die Gerichtsverhandlung belegen dies eindeutig.

Markus 14,60-64
Und der Hohepriester stand auf, trat in die Mitte und fragte Jesus und sprach: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen?
Er aber schwieg still und antwortete nichts. Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?
Jesus aber sprach: Ich bin's; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.
Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und sprach: Was bedürfen wir weiterer Zeugen?
Ihr habt die Gotteslästerung gehört. Was ist euer Urteil? Sie aber verurteilten ihn alle, daß er des Todes schuldig sei.

Matthäus 26,63-66
Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.
Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.
Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört.
Was ist euer Urteil? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.

Wir sehen aus der Frage des Hohenpriesters, worum es ging: "Bist du der Christus [Messias], der Sohn des Hochgelobten [Sohn Gottes]?" Jesus antwortete: "Ich bin's."; und er fügte einige weitere Dinge hinzu, daß sie ihn als Menschensohn zur Rechten Gottes sitzen sehen werden, wobei er auf Psalm 110 anspielte. Als der Hohepriester solches hörte, verkündete er: "Er hat Gott gelästert! Wozu brauchen wir noch weitere Zeugen? Ihr habt die Gotteslästerung gehört! " Und sie verurteilten ihn daraufhin zum Tode.

Nirgendwo wird als Anklage erwähnt, Jesus habe behauptet, der allmächtige Gott zu sein. Die Anklage war, daß er beansprucht hatte, der Gesalbte Gottes, der Christus, der Messias, zu sein. Und obgleich nirgendwo im Alten Testament bzw. dem Gesetz ein solcher Anspruch als verdammungswürdig bezeichnet wird, erfahren wir doch aus diesen Berichten, daß solches dem Hohen Rat als ein "des Todes würdiges" Vergehen erschien. Der Hohe Rat verurteilte Jesus zum Tode auf der Basis ihrer eigenen Tradition und ihrer eigenen Auslegung von Gesetzen, die jedoch nicht in Einklang waren mit dem Gesetz Gottes. Hier erkennen wir, daß die Juden offenbar das Gesetz bzgl. Gotteslästerung gemäß ihrer Ideen und Notwendigkeiten ausgedehnt hatten und Jesus nun für eine "Gotteslästerung" zum Tode verurteilten, die eigentlich gar keine Gotteslästerung war. Dies wird deutlich aus den Worten, die uns in Johannes 19 berichtet werden.

Johannes 19,7
Die Juden antworteten ihm: Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetz muß er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht.

"Wir haben ein Gesetz …" – welches aber nicht das von Gott verordnete Gesetz war.

Als Jesus dann zu Pilatus gebracht wird ist die Anklage die gleiche, allerdings benutzt Pilatus dann nur den Ausdruck "König der Juden". Die Juden benutzten wohl nur diesen Titel vor Pilatus, um damit eine politische Komponente ins Verfahren zu bringen, damit Pilatus ihn ebenfalls zum Tode verurteilen würde. Die Römer waren nicht an religiösen Auseinandersetzungen unter den Juden interessiert, eine politische Sache aber erweckte sofort ihre Aufmerksamkeit, wie etwa, daß jemand behauptete, ein König zu sein, obwohl doch im Römischen Reich nur der Kaiser als Herrscher anerkannt wurde. Solche politischen Ansprüche waren eine Gefahr für das Reich und es wurde sofort etwas dagegen getan. Der Bericht über Jesu Verhandlung vor Pilatus gibt uns weiteren Aufschluß.

Lukas 23,14
und sprach zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu mir gebracht als einen, der das Volk aufwiegelt; und siehe, ich habe ihn vor euch verhört und habe an diesem Menschen keine Schuld gefunden, derentwegen ihr ihn anklagt;

Johannes 18, 33.37.39
33: Da ging Pilatus wieder hinein ins Prätorium und rief Jesus und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
37: Da fragte ihn Pilatus: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich die Wahrheit bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.
39: Es besteht aber die Gewohnheit bei euch, daß ich euch einen zum Passafest losgebe; wollt ihr nun, daß ich euch den König der Juden losgebe?

Pilatus fragte Jesus, ob er der König der Juden sei. Nirgendwo wird berichtet, daß Pilatus Jesus danach fragte, ob er der Messias sei, der Gesalbte, oder ob er irgendeinen anderen messianischen Titel benutzte. Pilatus war lediglich um "König der Juden" besorgt, weil damit die Möglichkeit eines Aufruhrs unter dem Volk verbunden war. Als Jesus ihn fragte, ob er selbst diese Idee hatte oder solches aus einer anderen Quelle gehört hatte, erwiderte Pilatus nur: "Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet." Natürlich hatte Pilatus solches nicht selbst erdacht, er war kein Jude und kannte sich auch nicht unbedingt mit jüdischen Gegebenheiten aus. Der Hohe Rat hatte ihm über Jesu Anspruch berichtet, er sei der König der Juden.

Die Juden verfolgten ihre Pläne gezielt weiter mit Pilatus, um Jesus hinrichten zu lassen.

Johannes 19,12.15
Von da an trachtete Pilatus danach, ihn freizulassen. Die Juden aber schrieen: Läßt du diesen frei, so bist du des Kaisers Freund nicht; denn wer sich zum König macht, der ist gegen den Kaiser.
Sie schrieen aber: Weg, weg mit dem! Kreuzige ihn! Spricht Pilatus zu ihnen: Soll ich euren König kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten: Wir haben keinen König als den Kaiser.

Lukas 23,2
und fingen an, ihn zu verklagen, und sprachen: Wir haben gefunden, daß dieser unser Volk aufhetzt und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben, und spricht, er sei Christus, ein König.

Solches waren aber falsche Anklagen, und Pilatus fand eigentlich keine Schuld an Jesus, und doch unterwarf er sich ihren Forderungen, und um die Menge zufrieden zu stellen und einen Aufruhr zu verhindern, verurteilte er Jesus zum Tode (Matthäus 27,24 und Markus 15,14).

Niemand der bei diesen Verhandlungen gegen Jesus gegenwärtigen Personen dachte je daran, daß Jesus beanspruchte, der allmächtige Gott zu sein! Jesus selbst hielt nicht von sich selbst, daß er Gott sei, er beanspruchte lediglich immer, der Messias, der von Gott Gesalbte, der Christus, zu sein.

Nachfolgend Worte direkt von seinen Lippen:

Markus 14,61-62
Er aber schwieg still und antwortete nichts. Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?
Jesus aber sprach: Ich bin's; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.

Bei dem Brunnen, als er mit einer Frau aus Samaria sprach, erwähnte er diese Wahrheit ebenfalls.

Johannes 4,25-26
Spricht die Frau zu ihm: Ich weiß, daß der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen.
Jesus spricht zu ihr: Ich bin's, der mit dir redet.

Eine andere Begebenheit, bei der Jesus indirekt bezeugte, wer er war, ist eine Unterredung mit Petrus.

Matthäus 16,15-17
Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, daß ich sei?
Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!
Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himme

Jesus lobt Petrus bzgl. seines Glaubens und seiner Antwort: "Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!"; auch erwähnt er, daß diese Antwort Petrus von Gott offenbart worden war.

Es ist offensichtlich, daß Jesus sich selbst als den Messias Gottes betrachtete, nicht aber als "Gott im Sinne der späteren Lehren aus dem 4. und 5. Jahrhundert n.Chr.

Um Jesus besser zu verstehen, ist es hilfreich, wenn wir uns darüber klar sind, daß er als der Messias ja Repräsentant Gottes war, Gott teilte sich durch ihn dem Menschen mit, Jesus war Mittler zwischen Gott und Mensch. Dieses Konzept der Vermittlung gilt es zu verstehen, um einige der ansonsten schwierigen Verse recht zu verstehen.

Vermittlung können wir vielleicht am besten verstehen, wenn wir an eine Art von Botschafter denken. Gott ist nie von jemandem gesehen worden. Sein Wort (sein Wille) ist vielen Menschen bekannt geworden, aber persönlich hat ihn nie jemand gesehen. Manche mögen nun an die Verse denken, wo Abraham doch mit Gott sprach, der ihm als ein Mann erschienen war, aber wenn wir dieses Konzept verstehen, erkennen wir, daß hier nicht Gott selbst, sondern sein Repräsentant (sein Vermittler) mit Abraham sprach und bei Abraham war. Engel erfüllen manchmal diese Aufgabe, insbesondere "der Engel des HERRN (YHWH)". Für die Juden war es normal, die Person, die von jemandem als Übermittler gesandt war, als die Person selbst anzusprechen. So kommt es, daß der Engel des HERRN in manchen Stellen als ein völlig von Gott getrenntes Wesen gesehen wird (vgl. etwa Sacharja 1,2), wo der Engel des HERRN sich gar mit Gott unterhält; und in anderen Stellen erscheint es, als sei der Engel des HERRN Gott selbst. Solche Verse beginnen mit: "Der Engel des HERRN ", und es ist der Engel des HERRN, der spricht, nicht Gott selbst. Der Engel spricht für Gott, an Gottes Stelle, und in dieser Form ist es Gott, der spricht. Der Vermittler, der Repräsentant spricht oft in der 1. Person, und er wird oft als der angesprochen, der ihn gesandt hat. Ein gutes Beispiel hierfür findet sich in der Apokalypse des Esdras 5,43-56 (Apokryphen), wo Esra Gottes Boten, den Engel Uriel, befragt, als wäre dieser selbst sowohl Schöpfer wie Richter. Esra redet Uriel in der gleichen Art an "mein Herr", usw., wie er es auch in seinen Bitten an Gott selbst tut (vgl. The Doctrine of the Trinity von Anthony Buzzard & Charles Hunting).

A.R. Johnson erwähnt in seinem Werk The One and the Many in the Israelite Conception of God, folgendes über diese Art der Rede:

"Im hebräischen Denken erstreckte sich die Persönlichkeit eines Patriarchen durch sein gesamtes Haus hin zu seinen Frauen, seinen Söhnen und ihren Frauen, seinen Töchtern, Dienern im Haus und sogar in gewisser Weise auf seinen Besitz. Die "eine" Persönlichkeit war in den "vielen" gegenwärtig, die bei ihm waren. In einer besonderen Art und Weise wurde, wenn der Patriarch als Herr seines Hauses den Diener seines Vertrauens als seinen malak (seinen Botschafter oder "Engel") losschickte, dieser Diener mit der Autorität und den Mitteln seines Herrn ausgestattet, so daß er diesen voll repräsentieren und Geschäfte in dessen Namen tätigen konnte. In semitischem Denken war dieser Botschafter oder Repräsentant persönlich und mittels seiner Worte in der Gegenwart dessen, der ihn gesandt hatte." (Christology and The Angel of the LORD by John Cunningham). [eigene übersetzung]

Hier nun einige Beispiele für diese Form des Redens:

2. Mose 3,2.4.11
2: Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch.
4: Als aber der HERR sah, daß er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich.
11: Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, daß ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten?

Der Engel des HERRN erschien in einer feurigen Flamme in dem Dornbusch und fuhr dann fort, für Gott zu reden. Moses antwortet dann dem Engel als würde er direkt zu Gott sprechen. Man beachte, daß der Engel des HERRN erschien und daher auch der Engel des HERRN sprach. Dies wird uns auch in Apostelgeschichte 7,30 in den Worten des Stephanus bestätigt, der uns folgendes über dieses Ereignis berichtet.

Apostelgeschichte 7,30
Und nach vierzig Jahren erschien ihm in der Wüste am Berge Sinai ein Engel in einer Feuerflamme im Dornbusch.

Der Engel sprach aus dem Dornbusch. Gott redete mittels des Engels. In ähnlicher Form gab Gott auch Moses das Gesetz und die Zehn Gebote, wie wir in 2. Mose 20,1-17 lesen können.

2. Mose 20,1-2:
Und Gott redete alle diese Worte:
Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.

Auch hier redete Gott wohl durch einen Engel, wie erneut aus den Aussagen des Stephanus ersichtlich ist.

Apostelgeschichte 7,53
Ihr habt das Gesetz empfangen durch Weisung von Engeln und habt's nicht gehalten.

Mose erhielt das Gesetz durch Vermittlung von Engeln. Die gesamte Angelegenheit dessen, was sich am Berg Sinai ereignete, hatte damit zu tun, daß Gott durch Engel redete.

Apostelgeschichte 7,38
Dieser ist's, der in der Gemeinde in der Wüste stand zwischen dem Engel, der mit ihm redete auf dem Berge Sinai, und unsern Vätern. Dieser empfing Worte des Lebens, um sie uns weiterzugeben.

Ein weiteres sehr deutliches Beispiel lesen wir in 5. Mose 29,1-6. Hier redet Mose zu Israel. Dann aber spricht er in einer plötzlichen Wendung in der 1. Person als Gott. Wir wissen aber, daß Moses natürlich nicht Gott ist, sondern daß hier vielmehr Gott nun durch seinen Propheten Mose zu seinem Volk Israel spricht.

5. Mose 29,1-5:
Und Mose berief ganz Israel und sprach zu ihnen: Ihr habt alles gesehen, was der HERR vor euren Augen in Ägypten dem Pharao und allen seinen Großen und seinem ganzen Lande getan hat,
die gewaltigen Proben seiner Macht, die deine Augen gesehen haben, die großen Zeichen und Wunder.
Und der HERR hat euch bis auf diesen heutigen Tag noch nicht ein Herz gegeben, das verständig wäre, Augen, die da sähen, und Ohren, die da hörten.
Er hat euch vierzig Jahre in der Wüste wandern lassen. Eure Kleider sind euch nicht zerrissen, auch deine Schuhe nicht an deinen Füßen;
ihr habt kein Brot gegessen und keinen Wein getrunken und kein starkes Getränk, auf daß ihr erkennen solltet, daß ich der HERR, euer Gott, bin.

Wenn wir diese Redeform nicht kennen und beachten, könnte man meinen, Mose sei plötzlich zu Gott geworden. Zunächst scheint Mose als Mose zu reden und endet damit, daß Mose als Gott in der 1. Person redet. Tatsächlich aber redet Gott mittels Mose zu Israel. ähnliche Beispiele für diese Redeart finden sich an zahlreichen anderen Stellen in der Bibel.

Die dahinter stehende Idee ist, daß Gott seine Vollmacht denen vermittelt, die an seiner Stelle reden, die ihn repräsentieren. Diese Sache ist von größter Bedeutung, wenn wir Jesus verstehen wollen, denn er ist ja Gottes idealer Repräsentant, und er redet an Gottes Statt.

Einige Verse zeigen auf, daß Gott seine Kraft und Autorität denen gibt, die an seiner Statt handeln.

2. Mose 23,20-22
Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe.
Hüte dich vor ihm und gehorche seiner Stimme und sei nicht widerspenstig gegen ihn; denn er wird euer übertreten nicht vergeben, weil mein Name in ihm ist.
Wirst du aber auf seine Stimme hören und alles tun, was ich dir sage, so will ich deiner Feinde Feind und deiner Widersacher Widersacher sein.

Gott sandte den Israeliten einen Engel, der sie führen würde auf ihrem Weg. Gottes Autorität ist verkörpert in dem Engel. Man beachte: Der Gehorsam gegenüber der Stimme des Engels wird gleichgesetzt dem Gehorsam gegenüber Gott selbst. Wer der Stimme des Engels gehorcht, der führt aus, was Gott gesagt und geboten hat. Gottes Name ist "in dem Engel", der Engel ist Gottes Repräsentant und die Vollmacht und Autorität Gottes ist in dem Engel, aber und das darf man nicht verkennen der Engel ist nicht Gott! Wenn wir dieses Konzept der "Vermittlung" oder eines Mittlers verstehen, können wir auch Jesus Christus wesentlich besser verstehen. Jesus repräsentierte Gott auf Erden, und das in vollkommenster Weise, und er redete für Gott, an Gottes Stelle, und daher lesen wir davon, daß er die Autorität hatte bzw. haben wird, Sünden zu vergeben und auch zu richten.

Johannes 12,49:
Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll.

Jesus redete, was Gott ihm geboten hatte. Er tat, was Gott ihm aufgetragen hatte. Er handelte an Gottes Statt.

Johannes 5,27:
und er [Gott] hat ihm [Jesus] Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.

Offenbarung 12,10:
Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus;

Matthäus 9,6-8:
Damit ihr aber wißt, daß der Menschensohn Vollmacht hat, auf Erden die Sünden zu vergeben - sprach er zu dem Gelähmten: Steh auf, hebe dein Bett auf und geh heim!
Und er stand auf und ging heim.
Als das Volk das sah, fürchtete es sich und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.

Es ist leicht zu erkennen, daß Jesus diese Macht und Vollmacht nicht in und aus sich selbst hatte, sondern hier wird mitgeteilt, daß er diese Vollmacht von Gott erhielt. Gott hat dem Messias, seinem eingeborenen Sohn Jesus, solche Macht und Vollmacht gegeben.

Jesus repräsentierte Gott gegenüber dem Volk. Er redete an Gottes Statt. Ihm war diese Vollmacht gegeben worden. Bzgl. dieser Situation des von Gott verheißenen Messias berichtete bereits das Alte Testament einige bedeutsame Wahrheiten.

5. Mose 18,18-19:
Ich will ihnen einen Propheten, wie du bist, erwecken aus ihren Brüdern und meine Worte in seinen Mund geben; der soll zu ihnen reden alles, was ich ihm gebieten werde.
Doch wer meine Worte nicht hören wird, die er in meinem Namen redet, von dem will ich's fordern.

Auch aus diesen Worten Gottes, die er durch seinen Propheten Mose verkündete, wird deutlich, daß der Messias ("einen Propheten, wie du [Mose] bist") nicht Gott, sondern ein Mensch sein würde, da er "aus ihren Brüdern" stammen würde. Auch bestätigte Gott, daß er "Worte in seinen Mund geben" würde, so daß er reden würde, "was ich [Gott] ihm [diesem Propheten] gebieten werde. Weiterhin wird noch betont, daß er "in meinem [Gottes] Namen" reden wird! Alle diese Worte Gottes machen deutlich, daß der kommende Messias, der hier erwähnte Prophet wie Mose, nicht selbst Gott sein würde, sondern ein Mensch, der in Gottes Auftrag als Gottes Repräsentant handelt.

Eine interessante Anmerkung bzgl. der metaphorischen Bedeutung von "Salbung" findet sich in The Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible Vol 1, S. 171, wobei wir berücksichtigen müssen, daß "Messias" bzw. "Christus" ja "der Gesalbte" bedeutet.

"Von Personen, die in einem Ritual gesalbt worden waren, wurde geglaubt, daß sie die Heiligkeit und Tugend der Gottheit empfangen hätten, in deren Namen sie gesalbt worden waren, und daß sie in besonderer Weise den Geist Jahwes empfangen hätten (vgl. 1. Samuel 10,10; 16,13). Es gab dabei einen Transfer göttlicher Kraft und Vollmacht. In Erweiterung dieser Bedeutung wurde "salben" zu einer Metapher für die Ausstattung mit Gottes Gnade und Wohlwollen (Psalm 23,5; 92,10 - wie die Parallelen aufzeigen) für die Auswahl eines Menschen zu einem besonderen Ort oder einer besonderen Aufgabe in Gottes Plan (Psalm 105,15; Jesaja 45,1). Die Salbung wies auf Vorbereitung für einen Dienst und auf die Gabe von Gottes Geist hin. Im Falle eines Königs, wurde der König zum Repräsentanten Jahwes. Die Salbung vermittelte göttliche Autorität" [eigene übersetzung]

Wir sollten sorgfältig darauf achten, daß der, der von Gott gesalbt wird (wie etwa Jesus) göttliche Kraft und göttliche Autorität empfängt. Dies kam in Apostelgeschichte 10 zum Ausdruck, wo von der Salbung Jesu berichtet wird.

Apostelgeschichte 10,38:
wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft; der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm.

Gott hat Jesus von Nazareth gesalbt! Durch diese Salbung erhielt Jesus heiligen Geist und Kraft, mittels der er dann umherziehend Gutes tun und alle gesund machen konnte, denn "Gott war mit ihm". Jesus wurde nicht zu Gott, er machte nicht gesund, weil er Gott war nein! Er tat Gutes und heilte, denn Gott war mit ihm.

Jesu Ort und Amt in Gottes Plan ist der des Messias, des Christus. Gott gab Jesus Vollmacht und Gewalt auf Erden, so daß er tun konnte, was dem Willen Gottes entsprach. Daher konnte Jesus als der Menschensohn Sünden vergeben. Ihm war diese Autorität vom Vater gegeben worden. Eigentlich war es weiterhin Gott, der die Sünden vergab, und zwar "durch Jesus". Jesus ist Gottes vollkommener Repräsentant. Alles, was uns von Gott zukommt, geschieht gemäß der Schrift "durch Christus", "in Christus", "im Namen Jesu Christi". So erhalten wir Tilgung und Vergebung der Sünden, so wird uns Gnade zuteil. Jesus Christus ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen!

Nun haben wir einige Hintergrundinformationen, um die Stelle in Johannes 10,33 näher zu betrachten.

Johannes 10,33
Die Juden antworteten ihm und sprachen: Um eines guten Werkes willen steinigen wir dich nicht, sondern um der Gotteslästerung willen, denn du bist ein Mensch und machst dich selbst zu Gott.

Das Argument ist, daß Jesus während seines Amtes behauptet hätte, Gott zu sein. Leute nehmen dann diesen Vers aus dieser Unterhaltung heraus und ignorieren den Rest des Kapitels, in dem jedoch erläutert wird, was hier tatsächlich gemeint ist. Man muß den Abschnitt von Vers 24 an bis Vers 36 lesen, um ein rechtes Verständnis dieser Aussage zu bekommen.

Das Thema dieser Unterredung ist nach wie vor, daß Jesus der Messias ist. Ist er der Messias oder nicht? Darum geht es.

Johannes 10,24-25
Da umringten ihn die Juden und sprachen zu ihm: Wie lange hältst du uns im Ungewissen? Bist du der Christus, so sage es frei heraus.
Jesus antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubt nicht.

Was ist die Gotteslästerung, für welche die Juden Jesus zu steinigen bereit waren? Die gleiche Gotteslästerung, die ihm später vom Hohen Rat vorgeworfen wurde: Sein Anspruch, der Messias, der Sohn Gottes, der Christus, zu sein! Jesus macht dies dann noch einmal deutlich.

Johannes 10,36
wie sagt ihr dann zu dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott -, weil ich sage: Ich bin Gottes Sohn?

Hier wird genau gesagt, was diese "Gotteslästerung" genau ist Jesus hatte gesagt, er sei Gottes Sohn! Darum geht es in diesem gesamten Abschnitt.

Was also haben die Juden nun wohl gemeint, als sie sagten, Jesus mache sich selbst zu Gott? Sie nutzten das Bild des Mittlers, denn Jesus als der Messias war der vollkommene Repräsentant Gottes und handelte an Gottes Statt; sie meinten sicherlich nicht, Jesus sei der allmächtige Gott. Sie beschuldigten ihn, daß er als Messias an Gottes Stelle handelte und Dinge tat, die ansonsten nur Gott würde tun können. Konkret geht es hier zum Beispiel darum, daß Jesus davon spricht, seinen Schafen ewiges Leben zu geben.

Johannes 10,28
und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.

Der Grund, weshalb Jesus ihnen ewiges Leben geben kann ist der gleiche Grund, weshalb er Sünden vergeben kann oder die Welt richten wird weil Gott ihn mit heiligem Geist gesalbt und ihm so die dazu nötige Vollmacht gegeben hat, in diesen Dingen an Gottes Statt zu handeln. Anders betrachtet könnte man sagen, daß Gott durch seinen Gesalbten, den Messias Jesus, tat.

Johannes 17,2
denn du
[Gott] hast ihm [dem Sohn, Jesus] Macht gegeben über alle Menschen, damit er das ewige Leben gebe allen, die du ihm gegeben hast.

Markus 2,10
Damit ihr aber wißt, daß der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden - sprach er zu dem Gelähmten:

Apostelgeschichte 17,31
Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.

Johannes 5,27:
und er
[Gott] hat ihm [Jesus] Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.

Offenbarung 12,10:
Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus;

Johannes 3,34
Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß.

Schließlich sollten wir Jesu Antwort beachten, die er den Juden auf ihre Anmerkung gibt, er würde sich zu Gott machen.

Johannes 10,34-36
Jesus antwortete ihnen: Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz: »Ich habe gesagt: Ihr seid Götter«?
Wenn er die Götter nennt, zu denen das Wort Gottes geschah - und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden -,
wie sagt ihr dann zu dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott -, weil ich sage: Ich bin Gottes Sohn?

Jesu Worte kann man auch etwas anders ausdrücken mit:

Wenn es schon rechtens war, Leute, zu denen das Wort Gottes geschah, als "Götter" zu bezeichnen, warum ist es dann Gotteslästerung, wenn ich, der ich vom Vater geheiligt und in die Welt gesandt bin, von mir sage, ich sei Gottes Sohn?

Jesus erläuterte recht ausführlich, daß er nicht Gott selbst war, sondern Gottes Sohn, und das, obwohl es nicht unbedingt falsch ist, Leute, zu denen das Wort Gottes kommt, als "Götter" zu bezeichnen.

Die Trinitätslehre ist das Produkt griechischer Philosophie und ihres Einflusses auf die frühe Gemeinde im 3., 4. und 5. Jahrhundert n.Chr. Diese Lehre entwickelte sich vorwiegend in Alexandrien und wurde durch Männer wie Origenes und Tertullian verbreitet, die als Christen weiterhin gnostischer und stoischer Philosophie anhingen. Die Glaubensgrundsätze biblischen Christentums und griechischer Philosophie lassen sich nicht miteinander vereinbaren und führen lediglich zu falschen Folgerungen, wenn man versucht, sie miteinander in Einklang zu bringen. Das ist genau, was sich dann ereignete.

Wie kommt es nun, daß die meisten Leute unter den Christen solche Informationen nicht kennen und auch weiterhin blind der Trinitätslehre folgen? Der Grund liegt wohl darin, daß Leute sich nicht die Zeit nehmen, um überhaupt die Bibel zu lesen. Jeder hat sicher seine Gründe. Manche, die die Bibel lesen, wollen die Wahrheit nicht anerkennen, weil sie sich dann eingestehen müßten, daß sie all die Jahre einem Irrtum erlegen waren. Solches ist sehr schwer zu bewältigen für das menschliche Ego. Andere wollen sich einfach nicht die Mühe machen, die Bibel erneut aufzugreifen und von neuem zu lernen. Wir sollten aber nicht vergessen, daß es eigentlich nie zu spät ist, nochmals im Weinberg des Herrn mit der Arbeit zu beginnen ... wir können immer noch etwas lernen.

 

Übersicht Artikel