Eine weitere Bibelstelle, die öfters als Beweis genutzt wird, um ein Rede- bzw. ein Lehrverbot für Frauen in der Gemeinde zu begründen, findet sich in 1. Timotheus. In diesem Brief geht Paulus in seinen Ermutigungen und Anweisungen an Timotheus, der zu jener Zeit in Ephesus weilte, auf eine Situation in der Gemeinde zu Ephesus ein, die das Verhalten von Männern und ihren Ehefrauen in der Versammlung der Gemeinde betraf.

Die entsprechende Stelle findet sich in 1. Timotheus 2, wo Paulus das ungebührende Verhalten einiger in Ephesus aufgreift und zurecht weist.

1. Timotheus 2,8-15
8 So will ich nun, dass die Männer beten an allen Orten und aufheben heilige Hände ohne Zorn und Zweifel.
9 Desgleichen, dass die Frauen in schicklicher Kleidung sich schmücken mit Anstand und Besonnenheit, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarem Gewand,
10 sondern, wie sich’s ziemt für Frauen, die ihre Frömmigkeit bekunden wollen, mit guten Werken.
11 Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung.
12 Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann herrsche, sondern sie sei still.
13 Denn Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva.
14 Und Adam wurde nicht verführt, die Frau aber wurde verführt und übertrat das Gebot.
15 Sie wird aber gerettet werden dadurch, dass sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie bleiben mit Besonnenheit im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung.

Auch hier sollte man den Kontext davor beachten, in welchem es um Gebet in der Gemeinde geht, das gerade zu jener Zeit und der damaligen Situation angebracht war. Alle in der Gemeinde waren ermutigt, aufgrund der schwierigen Situation für die Gläubigen in der Gemeinde zu beten (man vgl. die Verse 1-4 davor).

Hier nun kommt Paulus auf öffentliches Gebet in den Versammlung zu sprechen.

1. Timotheus 2,8
8 So will ich nun, dass die Männer beten an allen Orten und aufheben heilige Hände ohne Zorn und Zweifel.

Zunächst werden die Männer erwähnt und aufgefordert, bei den Versammlungen („an allen Orten“) zu beten, und zwar „ohne Zorn und Zweifel“. Offenbar hatten die Männer in Ephesus beim Beten das Problem, dass einige eine falsche Einstellung beim Beten hatten und ermahnt werden mussten, ihren Zorn zu bändigen und mit Zuversicht statt mit Zweifel zu beten.

1. Timotheus 2,8-10
9 Desgleichen, dass die Frauen in schicklicher Kleidung sich schmücken mit Anstand und Besonnenheit, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarem Gewand,
10 sondern, wie sich’s ziemt für Frauen, die ihre Frömmigkeit bekunden wollen, mit guten Werken.

Die Frauen in der Gemeinde in Ephesus hatten ein anderes Problem, welches für sie eine Behinderung beim Beten sein konnte: Sie waren anscheinend überaus eitel und auf übertriebenes Eindruck schindendes Äußeres bedacht. Sie sollen stattdessen ihr Augenmerk von Eitelkeit weg auf gute Werke legen, um damit ihre Frömmigkeit zu zeigen und einen Gott gefälligen Lebenswandel zu führen. Das hat aber nichts damit zu tun, auf ein sauberes, attraktives, gutes Äußeres zu verzichten und sich in unansehnlicher Kleidung nun als „fromm“ erscheinen zu wollen.

Paulus zeigt auf, dass sowohl für Männer als auch Frauen die Einstellung des Herzens für rechten Wandel maßgebend und entscheidend ist. Bei der Versammlung der Gemeinde bestand für Männer die Gefahr, dass sie zornig und in Zweifeln argumentierend handelten, für die Frauen bestand die Gefahr, dass sie mehr auf ihre eigene äußerliche Erscheinung bedacht waren als auf das, was doch viel wichtiger war.

Beim gemeinsamen Beten in der Gemeindeversammlung müssen alle, Männer und Frauen, die rechte Gott gefällige Einstellung und innere Haltung haben.

Nach Gebet wechselt nun das Thema. Nun geht es darum, ob Frauen das Gesetz / Gottes Wort lernen und lehren dürfen.

1. Timotheus 2,11
11 Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung.

Der wichtigste Punkt hier und für die nachfolgenden Aussagen ist der, dass Frauen lernen sollten, und zwar das Gesetz, das Wort Gottes, lernen sollten. Dies war allerdings zu jener Zeit und besonders in von jüdischen Rabbinern beeinflussten Kreisen nicht erwünscht, denn diese waren offen dagegen, dass Frauen das Gesetz studieren und lernen würden.

Es scheint, als hätten einige von Paulus Gegnern in Ephesus eine solche Position gehabt. Andererseits ist es gut möglich, dass einige der führenden Frauen dort öffentlich eine gegenteilige Ansicht propagierten.

Paulus gesteht den Frauen sehr wohl ihre Freiheit und ihr Recht zu, weist dann aber auch auf einige zu beachtende Punkte hin, in denen die Frauen Zurückhaltung üben sollten. Ein Punkt: Sie sollten „in der Stille“ lernen, also in Ruhe und ohne aufrührerisch zu agieren. Zudem sollten sie sich denen, die unterrichteten, unterordnen und deren Erkenntnis und geistliche Reife anerkennen. In Anlehnung an die Wahrheit, die Gläubigen sollen einander ehren und den andern achten, so auch hier. Die Frauen ordnen sich aus freien Stücken und der rechten Einstellung den lehrenden Männern unter, was aber nicht bedeutet, dass der Lehrer oder Prediger ihr eine bestimmte Lehrmeinung aufzwingen darf. Genauso kann man der Frau das Lernen nicht untersagen, umgekehrt kann man sie auch nicht zum Lernen zwingen.

1. Timotheus 2,12
12 Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann herrsche, sondern sie sei still.

Auch hier muss man die gesamte Aussage in Betracht ziehen, wobei klar wird, dass es hier um „Ehefrau“ und ihren „Ehemann“ geht, nicht eine völlig allgemeine Feststellung zu Frauen. Paulus erwähnt seine persönliche Einschätzung (vgl. „gestatte ich nicht“ vs „der Herr gebietet“), dass die Ehefrauen, die gerade aus dem Gesetz und Wort Gottes lernten, nicht dann ihren Ehemännern eine Lektion erteilen dürfen, weil nämlich darin u.U. zum Ausdruck kommen könnte, dass sie über ihren Ehemann „herrschen“ bzw. über ihn dominieren möchte. Die Ehefrau sollte nicht das Gelernte benutzen, um womöglich den geistlichen Lebenswandel ihre Mannes zu ruinieren, solches würde nur zu Unruhe führen, statt dass sie in Ruhe und still weiter lernt.

1. Timotheus 2,13-14
13 Denn Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva.
14 Und Adam wurde nicht verführt, die Frau aber wurde verführt und übertrat das Gebot.

Paulus erwähnt dann die Situation mit Adam und Eva, die sich in einer ähnlichen Situation befanden. Adam war zuerst da, Gott hatte ihn gelehrt, wie er wandeln sollte und was er tun bzw. was er nicht tun sollte. Dann kam Eva, und sie lernte etwas neu von der Schlange. Sie ging dann mit ihrer neuen Erkenntnis zu Adam und überzeugte ihn, das zu tun, wovon Adam doch wusste, dass er das nicht tun sollte.

Paulus scheint besorgt, dass auch in dieser Situation in Ephesus die Gefahr bestand, dass jemand, der gerade erst lernte zu falschen Erkenntnissen kommen könnte und dann den Ehemann dazu überreden könnte, etwas falsches zu tun.

1. Timotheus 2,15
15 Sie wird aber gerettet werden dadurch, dass sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie bleiben mit Besonnenheit im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung.

Hier wird auch oft nicht der Kontext des Verses und Abschnitts beachtet und dann kommen irrige Lehren dabei heraus, die Frauen zu „Gebärfrauen“ degradieren.

Worum ging es gerade? Um Ehepaare, und hier legt Paulus dar, dass ein Ehepaar verwurzelt sein sollte in gesunder Lehre und mit Besonnenheit im Glauben, in der Liebe und in Heiligung bleiben. Die Frau soll innehalten, sie muss nicht ihrem Mann beibringen, was sie gerade gelernt hat und ihm zu zeigen versuchen, dass sie es vielleicht gar „besser“ weiß.

Stattdessen wird sie in Erfüllung ihrer ehrenhaften Aufgaben in der Familie und als Gattin ihres Mannes nicht Gefahr laufen, ihre Rettung, ihr Heil, zu verlieren. Eine Zeit lang die Möglichkeit zu lehren zu verlieren ist nichts verglichen damit, sein Heil zu verlieren. Mit anderen Worten, Paulus ermutigt diese Frauen, mit ihren Männern gemeinsam im Glauben zu wandeln und sich um die für beide wirklich wichtigen Dinge zu bemühen.

 

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