Im Zusammenhang mit dem Thema "Kommen des Herrn" bzw. "Wiederkunft Christi" usw. kommt man in Gesprächen immer wieder auch auf einen Abschnitt aus Matthäus 24 zu sprechen, wo Jesus in dieser Unterweisung an einige seiner Jünger erwähnt, dass gegen Ende jenes Zeitalters und vor seinem Kommen eine große Trübsal eintreten werde.

Matthäus 24:21-22 (Luther '84)
21 Denn es wird dann eine große Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und auch nicht wieder werden wird.
22 Und wenn diese Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch selig werden; aber um der Auserwählten willen werden diese Tage verkürzt.

Matthäus 24:21 (Schlachter 2000)
21 Denn dann wird eine große Drangsal sein, wie von Anfang der Welt an bis jetzt keine gewesen ist und auch keine mehr kommen wird.

Matthäus 24:21 (Einheitsübersetzung 1999-)
21 Denn es wird eine so große Not kommen, wie es noch nie eine gegeben hat, seit die Welt besteht, und wie es auch keine mehr geben wird.

Wir erkennen, dass Jesus auf ein Ereignis bzw. eine Zeitperiode im Zusammenhang mit seinem prophezeiten Kommen hinweist, wenn für die Jünger gewaltige Schwierigkeiten und schlimme Zustände herrschen werden, die in verschiedenen deutschen Bibelübersetzungen als "Bedrängnis", "Drangsal", "Not" bezeichnet werden.

Diese Bedrängnis wird derart groß sein, dass diese Zeitperiode um der Auserwählten willen gar verkürzt wird, damit dass noch einige gerettet werden können. Auch betont Jesus die besondere Schwere und Einzigartigkeit dieser Notzeit mit dem Hinweis, es habe derartige Drangsal, Bedrängnis und Not seit Anfang der Welt (jener biblischen Ordnung) noch nicht gegeben und es werde auch nicht wieder etwas derartiges geschehen.

Nun behaupten viele Christen heute, diese Zeit der großen Bedrängnis stände wohl bald bevor, weil es ja mit der Welt immer schlimmer wird und es so schlimme Zustände und Katastrophen usw. noch nie zuvor seit der Schöpfung gewesen sei. Und weil es ja scheinbar immer noch schlimmer wird, kann diese Drangsal und Bedrängnis ja noch nicht gewesen sein, weil es gemäß Jesu Worten, danach keine so schlimme Not mehr geben wird. Woher will überhaupt jemand irgend wann wissen, dass eine bestimmte Drangsal so schlimm und groß ist, dass es danach keine solche oder schlimmere nie wieder geben kann? Offensichtlich ist mit derartigen Überlegungen und Auslegungen von Jesu Worten etwas nicht wirklich stimmig.

Wenn wir die Umstände und den Kontext von Jesu Worten beachten, wird bereits deutlich, dass Jesus nicht universal vom Planeten Erde oder der Welt als dem gesamten Globus redet. Er hat vielmehr jene "Welt" im Blick, in der er und seine Zuhörer leben. Es ist der "Kosmos", das "System" des Äons des biblischen Alten Bundes. Vom Beginn jener "Welt", jenes Zeitalters und jener Ordnung des Alten Bundes mit den Drangsalen beim Auszug Israels aus Ägypten, bis hin zum Untergang und Ende jenes Alten Bundes mit den biblischen Stämmen Israels bei der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahre 70 n.Chr. gab es immer wieder Drangsale und Bedrängnisse. Jesus warnt hier, dass etwas nahe bevorstand und geschehen würde, was schlimmer sein würde als alle Drangsale in der Vergangenheit Israels gewesen waren. Dieses Ereignis würde so katastrophal sein, dass es in der Zukunft nicht wiederholt werden könnte.

Nun sind gerade diese Überlegungen auf der Grundlage der Tatsache, dass sich Jesu Worte auf die Welt des biblischen Alten Bundes mit Israel beziehen, bei vielen Kritikern ein Stein des Anstosses, weil sie eine ganz andere "Welt" im Blick haben und unter "Israel" dann auch den modernen Staat "Israel" einbeziehen, der nach ihrer Meinung die Wiederherstellung des biblischen Staates Israel sei.

Beachtet man aber den Ablauf der biblischen Geschichte und des Handelns Gottes mit dem biblischen Israel, so erkennt man schnell und leicht, warum der Horror der Ereignisse um die Zerstörung Jerusalems und des Tempels 70 n.Chr. diese von Jesus vorausgesagte Bedrängnis sind, die in der Zukunft nie mehr wiederholt würden. Warum konnte sich derartiges nicht wiederholen? Weil die Welt des biblischen Alten Bundes ihr Ende fand und fortan nicht mehr real existierte und auch nicht mehr wiederkehrt. Mit jener Welt ist es vorbei ... ganz gleich, was moderne Theologen in vielen christlichen Kreisen erzählen und den Gläubigen in den Gemeinden weis machen wollen. Es ist biblisch betrachtet völlig irrelevant, ob einige den steinernen Tempel in Jerusalem wieder aufbauen wollen oder nicht: Die Welt und das System des biblischen Alten Bundes mit seinem Opferdienst und seinen Tieropfern usw. ist vorbei und wurde durch den biblischen Neuen Bund abgelöst.

Manche halten vielleicht ein solches Verständnis für "antisemitisch" oder "anti-jüdisch", etc. Das ist aber absolut nicht der Fall. Übrigens, selbst Rabbiner wissen und bestätigen, dass der biblische Judaismus, das biblische Judentum, mit den Ereignissen 70 n.Chr. endete. Alle Aufzeichnungen zur Priesterschaft und Abstammungen und Stammeszugehörigkeit usw. gingen damals in den Flammen beim Brand des Tempels verloren.

Selbstverständlich haben im biblischen Neuen Bund auch weiterhin Juden die Möglichkeit der Teilhabe und es steht ihnen ebenso frei wie Menschen anderer Abstammung, an den Messias Jesus und das Evangelium zu glauben und Glieder der biblischen Gemeinde des Leibes Christi zu werden.

 

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