In dieser Studie werden wir uns das Thema Liebe erarbeiten, wobei Jesu Gebot an seine Jünger, sich untereinander zu lieben, im Vordergrund steht. Die gegenseitige Liebe unter den Jüngern und Nachfolgern des Herrn Jesus Christus ist heute leider oft eher ein fehlendes Element unter den Christen. Jesus Christus hatte aber gerade das hervorgehoben, als er davon sprach, woran man seine Jünger erkennen sollte.

Ein Teil aus Johannes 13 steht bei dieser Studie im Mittelpunkt unseres Interesses.

Johannes 13,1–5:
Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, daß seine Stunde gekommen war, daß er aus dieser Welt ginge zum Vater; und wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.
Und beim Abendessen, als schon der Teufel dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten,
Jesus aber wußte, daß ihm der Vater alles in seine Hände gegeben hatte und daß er von Gott gekommen war und zu Gott ging,
da stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich.
Danach goß er Wasser in ein Becken, fing an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war.

Dieser einleitende Abschnitt von Johannes 13 behandelt die Fußwaschung, die Jesus Christus beim letzten gemeinsamen Mahl mit seinen Jüngern durchführte. Noch am selben Abend, nur wenige Stunden nach diesem Ereignis, wurde er gefangen genommen und anschließend nach ca. 40 Stunden Verhör und Folter gekreuzigt.1

Bei dieser Fußwaschung handelte es sich nicht um eine gewöhnliche Fußwaschung, wie aus den folgenden Versen hervorgeht. Jesus Christus gab seinen Jüngern ein Beispiel, dem sie nachfolgen sollten.

Johannes 13,6:
Da kam er zu Simon Petrus; der sprach zu ihm: Herr, solltest du mir die Füße waschen?

Petrus stellte eine durchaus berechtigte Frage. Normalerweise war es die Aufgabe eines niedrigen Dieners im Hause, den Gästen die Füße zu waschen. Immer, wenn ein Gast das Haus betrat, selbst wenn das mehrmals am Tag geschah, wurden ihm die Füße gewaschen. Zu ganz bestimmten Anlässen übernahm der Hausherr oder Gastgeber diese Aufgabe, nämlich bei der Ankunft eines besonderen Gastes, der ein hohes Ansehen bei ihm genoß. Auf diese Weise erzeigte der Hausherr seine Würdigung und Wertschätzung gegenüber seinem Gast.

Petrus hatte ein wenig gewartet, möglicherweise war er auch als erster an der Reihe. Als Jesus nun zu ihm kam, weigerte sich Petrus zunächst einmal entschieden. Er wollte die Angelegenheit richtigstellen. Jesus Christus war der Meister, und Petrus empfand ganz richtig, daß eigentlich ihm oder einem der anderen Jünger die Aufgabe der Fußwaschung zustand. Bevor Petrus aber weiterreden konnte, begann Jesus, ihm einige Punkte zu erklären.

Johannes 13,7–9:
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.
Da sprach Petrus zu ihm: Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil an mir.
Spricht zu ihm Simon Petrus: Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt!

Petrus war recht impulsiv, er sagte offen, was er dachte. Zuerst verstärkte er noch sein Argument von vorher, dann aber machte er eine gewaltige Kehrtwendung, denn keinen Teil an Jesus haben, das wollte er natürlich nicht. Nun dachte er wohl, es würde umso besser, je mehr Körperteile beim Waschen einbegriffen würden. Also, Petrus war schon ein besonderer Charakter; er hat zwar die eine Sache nicht verstanden, dafür aber gleich die nächste Schlußfolgerung gezogen und verkündet.

Johannes 13,10:
Spricht Jesus zu ihm: Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als daß ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein …

Jesus nahm zunächst wieder Bezug auf den orientalischen Brauch. Man trug damals natürlich lange Gewänder, und wenn man auf einer staubigen Straße einherging mit den offenen Sandalen und dann zu einem Haus kam, waren die Füße als einziges schmutzig. Ansonsten war der Mensch sauber und bedurfte keiner Waschung. Wenn der Gast ankam, war der bereits rein und er bedurfte nur einer Fußwaschung.

Jesus nutzte dieses Bild, um den Jüngern eine anschauliche Unterweisung zu geben. Zwischendurch aber deckte er noch eine andere Sache auf.

Johannes 13,10 und 11:
… Und ihr seid rein, aber nicht alle.
Denn er kannte seinen Verräter; darum sprach er: Ihr seid nicht alle rein.

Vers 11 ist ein Einschub aus der Perspektive des Evangelisten. Er ist nicht Teil der eigentlichen Handlung, sondern wurde eingeschoben, um zu erklären, weshalb Jesus das gesagt hatte. Wir lernen, daß Jesus bereits um seinen Verräter wußte.

Johannes 13,12–15:
Als er nun ihre Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und setzte sich wieder nieder und sprach zu ihnen: Wißt ihr, was ich euch getan habe?
Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht, denn ich bin's auch.
Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die Füße waschen.
Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.

Hier nun wird klar, was Jesus genau erreichen wollte. Es ging dabei nicht nur um Fußwaschung. Dieser eine Akt, die eine Handlung, steht für Dienen ganz allgemein. Jesus wählte diese eine besondere Form des Dienstes, die eigentlich einerseits von dem niedrigsten der Diener, andererseits aber auch von einem Gastgeber gegenüber seinen am allerhöchsten geschätzten Gästen verrichtet wurde, als Beispiel für das gesamte Dienen. Mit anderen Worten: Wenn ich nun, euer Herr und Meister, euch auf diese Weise gedient habe, so sollt ihr auch euch untereinander so dienen! Die eine Tat ist Beispiel für das ganze Dienen.

Vers 15 gibt uns an, warum Jesus dies tat. Es ging nicht darum, ihnen einfach die Füße zu waschen, es lag Jesus daran, ihnen ein Beispiel zu geben, dem sie folgen konnten. Sein Dienst war ein Ausdruck der großen Liebe, die er für sie hatte. Gerade im Dienen zeigt sich diese Liebe.

In Johannes 13 werden noch einige andere Dinge in diesem Zusammenhang erwähnt.

Jesus Christus kam darauf zu sprechen, daß er zwar noch eine kleine Weile bei ihnen sein würde, danach aber würde er nicht mehr bei ihnen sein. Sie würden ihm auch nicht folgen können, wohin er ginge. Nach diesen Erläuterungen folgt eine weitere Aufforderung an die Jünger, in der Jesus nun das Thema Liebe direkt anspricht.

Johannes 13,34 und 35:
Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt.
Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

Hier wird quasi das Erkennungszeichen der Christen erwähnt — „wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Es geht nicht darum, alle möglichen anderen Dinge zu haben. Sie sollten sich untereinander so lieben, wie sie von ihm geliebt worden waren. Wie hatte er sie geliebt? Er hatte ihnen beständig Gottes Wort dargereicht und vorgelebt. Er hatte Gottes Gebote gehalten und hatte ihnen viel gegeben. Nur kurz zuvor hatte er ihnen die Füße gewaschen und ihnen im Dienen ein Beispiel der Liebe gegeben. Darin zeigte sich, wie er sie liebte. So sollten sie auch dann einander lieben.

Liebe untereinander zu haben wird hier als „ein neues Gebot“ bezeichnet. Jesus gab ihnen ein neues Gebot. Einander zu lieben war dabei nicht unbedingt gänzlich neu. Ein Gebot, den Nächsten zu lieben, gab es schon zuvor im Gesetz. Aber dieses Lieben erhielt eine neue Dimension. Sie sollten einander so lieben, wie Christus sie zuvor völlig selbstlos geliebt hatte. Die Fußwaschung hatte gezeigt, daß für ihn „Meister oder Knecht“ diesbezüglich nicht entscheidend war, denn diese Art von Liebe ist nicht von der Stellung abhängig. Wie sehr er sie geliebt hatte, hatte er gerade vorher demonstriert, indem er ihnen den allerniedrigsten Dienst erwiesen hatte.

In Johannes 15 wird das Thema „einander lieben“ wiederum aufgegriffen.

Johannes 15,9 und 10:
Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe!
Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe.

Das „in meiner Liebe bleiben“ ist verbunden mit „meine Gebote halten“. Das Wort Gottes spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, zu lieben. Diese Liebe untereinander wird nicht bestimmt von Gefühlen, nicht bestimmt von Umständen oder anderen Dingen. Diese Liebe basiert auf Gottes Wort und auf seinen Geboten. In dieser Liebe bleibt man, wenn man Gottes Gebote hält.

Johannes 15,10–17:
Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe.
Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.
Das ist mein Gebot, daß ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.
Niemand hat größere Liebe als die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde.
Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.
Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan.
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe.
Das gebiete ich euch, daß ihr euch untereinander liebt.

Gleich mehrmals nutzte Jesus eindringliche Worte des Gebietens — dieses Gebot, ein neues Gebot, das gebiete ich euch —, als er zu seinen Jüngern sprach und ihnen auftrug, sich untereinander zu lieben.

Wir wollen einige weitere Schriftstellen einbeziehen, in denen die Liebe untereinander angesprochen wird. In Römer haben wir Offenbarung in Gottes Wort, die direkt an die Gläubigen der Gemeinde des Leibes Christi gerichtet ist, die also für uns direkt Gültigkeit hat.

Römer 12,9 und 10:
Die Liebe sei ohne Falsch
[nicht geheuchelt]. Haßt das Böse, hängt dem Guten an.
Die brüderliche Liebe untereinander
[auch hier „untereinander“!] sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.

Dem anderen in Ehrerbietung zuvorkommen, das zeigte Jesus Christus in der Fußwaschung. Diese Form der Ehrerbietung war Simon Petrus zunächst zuviel gewesen, weshalb er sich auch weigerte, sich von Jesus in dieser Form dienen zu lassen. Nach einigen erklärenden Worten änderte er dann völlig seine Meinung, und wollte gar mehr, als verfügbar war.

Römer 13,8–10:
Seid niemand etwas schuldig, außer, daß ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.
Denn was da gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefaßt: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«
Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.

Einander zu lieben, den Nächsten zu lieben, das war ein Gebot aus dem Gesetz. In 3. Mose stand bereits: „Du sollt deinen Nächsten lieben.“ Bemerkenswert ist nun, daß gerade in der Liebe zum Nächsten, darin, den andern zu lieben, die Erfüllung des Gesetzes liegt.

Vers 8 wird manchmal im Zusammenhang mit Finanzen erwähnt, um Christen zu verbieten, in irgendeiner Form Schulden zu haben. Dieser Vers redet eigentlich von einer viel größeren Angelegenheit. Christen sollten sicher niemandem etwas schuldig sein bzw. schuldig bleiben, was darauf hinweist, daß wir alles daran setzen, Schulden zu begleichen, wenn es welche gibt. Dieser Vers stellt andererseits aber fest, daß wir sogar in einer ständigen Schuld stehen und diese Schuld auch weiterhin haben sollen: Die Liebe untereinander ist etwas, was wir uns gegenseitig schuldig sind und schuldig bleiben!

Galater 5,13 und 14:
Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, daß ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt; sondern durch die Liebe diene einer dem andern.
Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!«

Vers 14 betont erneut, daß in der Liebe des Gesetzes Erfüllung liegt. Die Liebe zeigt sich dann in besonderer Weise im Dienst am andern. Was Jesus Christus als Beispiel gab, wird hier in den Worten ausgedrückt: „Durch die Liebe diene einer dem andern.“ Das war sein Beispiel. Er diente den anderen und erwies ihnen gar den niedrigsten Dienst.

Auch in Epheser 4 geht es um die gegenseitige Liebe, dort wird die Liebe untereinander in Bezug gesetzt zu „einander ertragen“.

Epheser 4,2:
in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe

In manchen Situationen des Lebens ist ein Ertragen notwendig und erforderlich. Es handelt sich auch hier um ein Gebot. Manches im Wort Gottes wird uns als Gebot aufgetragen und nicht einfach nur als eine Alternative erwähnt.

In den Gemeindebriefen steht das Thema „Liebe untereinander“ immer wieder im Vordergrund, und in 1. Thessalonicher 3 kommt der Apostel Paulus in einer Art Gebet darauf zu sprechen.

1. Thessalonicher 3,10–13:
Wir bitten Tag und Nacht inständig, daß wir euch von Angesicht sehen, um zu ergänzen, was an eurem Glauben noch fehlt.
Er selbst aber, Gott, unser Vater, und unser Herr Jesus lenke unsern Weg zu euch hin.
Euch aber lasse der Herr wachsen und immer reicher werden in der Liebe untereinander und zu jedermann, wie auch wir sie zu euch haben,
damit eure Herzen gestärkt werden und untadelig seien in Heiligkeit vor Gott, unserm Vater, wenn unser Herr Jesus kommt mit allen seinen Heiligen. Amen.

Die Bitte in diesem Gebet drückt aus, daß man bzgl. „einander lieben“ im Grunde genommen eigentlich nie den Endpunkt erreicht. Es ist immer weiter möglich, daß der Herr die Gläubigen noch reicher werden lassen kann in der Liebe zueinander. Wir sollen gerade darin wachsen, darin immer reicher werden bzw. Überfluß darin haben. Das Wort für „immer reicher werden“ ist verwandt mit dem Begriff in Johannes 10,10, wo es heißt, daß Jesus Christus kam, um uns ein Leben und volle Genüge zu geben. „Volle Genüge“ bedeutet soviel wie „überfließend“ oder „immer reicher“. Wir sollen gerade in dieser Liebe immer reicher werden, worin das Leben in voller Genüge ebenfalls zum Ausdruck kommt.

Ein anderer Punkt wird hier hinzugefügt: Unsere Liebe erstreckt sich zunächst auf „untereinander“, d.h. die Gläubigen in der Gemeinde; dazu kommt aber dann, daß wir auch zu anderen Menschen, „zu jedermann“, ebenfalls Liebe haben sollen und auch darin durch Gottes gnädiges Wirken in unserem Leben immer reicher werden können.

1. Thessalonicher 4,9:
Von der brüderlichen Liebe aber ist es nicht nötig, euch zu schreiben; denn ihr selbst seid von Gott gelehrt, euch untereinander zu lieben.

Die brüderliche Liebe, die menschliche Freundlichkeit unter Brüdern in der Gemeinde, bedarf keiner großen Worte, da wir durch das Wort Gottes bereits gelehrt sind, einander mit der Liebe Gottes zu lieben. Diese Liebe Gottes ist höher als brüderliche Liebe. Wenn man mit dieser Liebe einander liebt, wird es bzgl. brüderlicher Liebe keinerlei Aufforderung oder Erklärung bedürfen.

1. Petrus 1,22 und 23:
Habt ihr eure Seelen gereinigt im Gehorsam der Wahrheit zu ungefärbter Bruderliebe, so habt euch untereinander beständig lieb aus reinem Herzen.
Denn ihr seid wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt.

Vers 22 trägt uns auf, wir sollen uns untereinander beständig lieb haben aus reinem Herzen. Ein „reines Herz“ umschreibt dabei das gleiche wie zuvor „Seelen gereinigt“. Diese Reinigung geschieht durch Gehorsam gegenüber der Wahrheit, und dann können wir einander mit ungefärbter Bruderliebe lieben. Das muß uns ein großes Anliegen sein, weil wir wiedergeboren sind aus unvergänglichem Samen. Würde uns die Wiedergeburt entsprechend viel bedeuten, dann würden wir auch in größerem Maße einander beständig lieb haben aus reinem Herzen.

1. Petrus 4,8:
Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn »die Liebe deckt auch der Sünden Menge«.

Beständige Liebe untereinander hat eine erstaunliche Kraft. Was Liebe bewirkt, wird in einem Zitat aus Sprüche 10 dargelegt — »die Liebe deckt auch der Sünden Menge«. Liebe erinnert nicht fortwährend an jede einzelne Sünde, deckt nicht jedes kleinste Sündchen auf. Eher das Gegenteil, denn sie deckt gar der Sünden Menge zu!

Wir wollen über die Liebe noch einige sehr bekannte Verse in 1. Johannes lesen. Es schadet nicht, auch oft gelesene Stellen ein weiteres Mal zu lesen und sich von neuem damit zu befassen.

1. Johannes 3,11:
Denn das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang an, daß wir uns untereinander lieben sollen,

In diesen Abschnitten wird für das Wort „Liebe“ im griechischen Text immer das Wort benutzt, das die Liebe Gottes bezeichnet. Es geht um die Liebe, die Gott in unsere Herzen ausgegossen hat und die wir nun in unserem Leben anwenden können. Das ist die Art von Liebe, die nur einem Christen möglich ist, da sie von Gott kommt und uns in der Wiedergeburt geschenkt wird. Vgl. dazu Römer 5,5.

1. Johannes 4,7:
Ihr Lieben, laßt uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott.

Hier wird die Beziehung nochmals deutlich dargelegt: Die Liebe ist von Gott, und sie ist nur dem möglich, der von Gott geboren ist. Aus dieser Perspektive betrachtet, bedeutet einander lieb haben mit dieser Liebe natürlich eine neue Sache, da sie nur wiedergeborenen Christen möglich ist.

1. Johannes 4,11 und 12:
Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.
Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.

Die Bedeutung der Liebe untereinander wird aus diesen Stellen mit jedem Vers deutlicher. Es geht immer um das große Anliegen, dieses große Gebot, daß wir uns untereinander lieben sollen mit der Liebe Gottes. Wenn wir darin Gottes Gebot einhalten, so bleibt Gott in uns und diese Liebe ist in uns vollkommen.

Zwei Verse in Epheser 4 stehen am Abschluß dieser Studie über die Liebe untereinander in der Gemeinde Gottes.

Epheser 4,15 und 16:
Laßt uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus,
von dem aus der ganze Leib zusammengefügt ist und ein Glied am andern hängt durch alle Gelenke, wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, daß der Leib wächst und sich selbst aufbaut in der Liebe.

Großartig ist, wie „die Liebe“ diese zwei Verse umschließt — am Anfang und am Ende dieser Aussage steht jeweils die Liebe.

Das am Anfang Gesagte erinnert an das, was in Römer 12,9 bereits kurz und eindrucksvoll gesagt war: „Die Liebe sei ohne Falsch.“ Hier wird es nur anders ausgedrückt: „Laßt uns aber wahrhaftig sein in der Liebe.“ Am Ende steht dann die bedeutsame Aussage, daß sich die Gemeinde als der Leib Christi „selbst aufbaut in der Liebe“. Darin klingt ein wenig an, was in 1. Korinther 8,1 sehr prägnant festgestellt wird: „Die Liebe aber baut auf.“

Die Gemeinde bildet einen Leib, in welchem die Glieder bereits zusammengefügt sind und ein Glied am andern hängt. Wenn man an das Bild der Fußballmannschaft denkt, so hat man dort eine bestimmte Anzahl Spieler, die zusammen aufs Spielfeld kommen und als Mannschaft spielen. Sie verbindet etwas, aber was sie verbindet, ist nur ideeller Natur. Es ist eine Idee, es ist das gemeinsame Ziel zu gewinnen, das sie für die Dauer des Spiels zu einem Team, einem Organismus werden läßt. Danach gehen sie auseinander und es sind wieder einzelne, getrennte Personen. Sie verbindet eben nur eine Idee, ein gemeinsames Ziel.

Uns Christen in der Gemeinde des Leibes Christi verbindet mehr als eine gemeinsame Idee und oder ein gemeinsames Ziel während einer relativ kurzen Zeitspanne. Uns verbindet Gottes Geist, den wir in uns haben. Gott hat uns in einen Leib gesetzt, und wir hängen jetzt aneinander. Wir werden auch einander nicht los. Wir sind in diesen Leib der Gemeinde hineingesetzt, sind Glieder dieses Leibes, die aneinander hängen. Wir sind miteinander verbunden durch Gottes Geist, den wir in der Wiedergeburt erhielten. Daher können und sollen wir uns beständig untereinander lieben. Es ist nicht abhängig davon, daß wir eine Weile ein gemeinsames Ziel haben und darauf hinarbeiten. Uns verbindet Gottes Geist, wir alle haben „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.“

Nun erkennen wir, welche Funktion die Liebe untereinander hat: So unterstützt jedes Glied das andere. Galater 5 redete davon, in Liebe dem anderen zu dienen. An anderer Stelle wurde gefordert, daß einer dem anderen in Ehrerbietung zuvorkomme. Hier heißt es nun: „… unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, daß der Leib wächst und sich selbst aufbaut in der Liebe“. Der Leib wächst und baut sich selbst auf, wenn die Glieder einander lieben. Wenn das Wort Gottes für jedes Glied der vorrangige Maßstab fürs Verhalten ist und die Gläubigen einander durch entsprechenden Wandel lieben, dann wächst der Leib und baut sich auf in der Liebe.

Wie oft findet sich bei Gläubigen leider noch vorrangig die Idee, die Gemeinde sei der Ort, wo man hingeht, um zu nehmen, nehmen, nehmen; dort wendet man sich nur hin, um seine Bedürfnisse erfüllt zu sehen. Der Blick ist auf die eigenen Bedürfnisse gerichtet, und die Frage lautet dann hauptsächlich: „Was bringt mir eine Verbindung zu dieser Gemeinde? Was werde ich profitieren? Wie hilft diese Gemeinde mir? Was wird hier für mich getan?“ Eine der großen Dinge im Leben, wonach alle suchen und streben, ist Liebe. Wir sind auf der Suche nach Liebe und wollen soviel wie möglich davon nehmen, nehmen, nehmen.

Die viel größere Sache aber ist geben, geben, geben! Erst dann wird auch genügend zu nehmen sein. Wieviel Liebe wird in einem Kreis zu erwarten sein, wenn alle darüber klagen, daß sie gerne mehr Liebe hätten? In einer Gemeinschaft von Christen sind zehn Glieder des Leibes versammelt, und alle wollen Liebe. Wieviel Liebe werden sie erhalten? Wieviel gegenseitige Unterstützung werden sie haben? Keine!

Das ändert sich erst, wenn zumindest einer dort sagt: „Ich werde ein wenig Liebe geben!“ Erst dann ist überhaupt etwas da, was ein anderer in Empfang nehmen könnte. Nur wenn es eine Orientierung zum Geben gibt — die Liebe ist auf den anderen ausgerichtet und es wird etwas gegeben —, geschieht auch Erbauung. So wird der Leib dann wachsen und sich selbst aufbauen in der Liebe.

All unser Wissen allein hilft nicht weiter. Einerseits zeigt sich die Liebe darin, daß wir Gottes Gebote halten, was voraussetzt, daß man sie auch kennt. Das Wort Gottes ist daher von grundlegender Bedeutung für die Liebe untereinander. Andererseits ist aber das Wissen und die Erkenntnis nicht das Erkennungszeichen der Jünger Jesu. Jesus hatte, wie in Johannes 13,35 aufgezeichnet ist, gesagt: „Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Wenn wir uns darauf besinnen und unseren Blick auch ganz entschlossen darauf richten, können wir eine Menge profitieren und sehen, wie das Gemeindeleben lebendiger, und die Handreichung untereinander größer und auch der Segen, den Gott gewähren kann, immer reicher werden wird.

Dabei wird es auch viel leichter fallen, andere für Christus zu gewinnen. Leute fühlen sich von der Liebe untereinander angezogen. Manche fühlen sich von großem Wissen angezogen, aber mehr wird halten und Bestand haben, was mit der Liebe Gottes zu tun hat. Da fühlt man sich angezogen. Es ist die Güte Gottes, die zur Buße leitet. Wenn Leute mit ihren eigenen Augen sehen, was Gott im Leben anderer wirkt und was sich in der Liebe untereinander zeigt, wird sie das anziehen. Diese Liebe untereinander ist unser Erkennungszeichen. Wir sollten nicht damit geizen, auch nicht versuchen, unerkannt zu bleiben — nein. Die Liebe untereinander sollte bereits von weitem zu erkennen sein.


(1) Viele Einzelheiten zu den Ereignissen in den letzten Tagen vor Jesu Kreuzigung und Tod werden ausführlich in dem Buch Jesus Christus, unser Passa von Victor Paul Wierwille behandelt. Einige für das Verständnis hilfreiche Aspekte bzgl. dieses Mahls sind dort nachzulesen. Vgl. Wierwille, Victor Paul: Jesus Christus unser Passa. New Knoxville, Ohio: American Christian Press, 1980.

 

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